Maximale Autarkie im Einfamilienhaus: Von 60% auf 80% Unabhängigkeit
11. Dezember 2025 | von Sebastian Post (Elektroingenieur)
Viele Hausbesitzer wollen weg von steigenden Energiepreisen und hin zu echter Unabhängigkeit. Genau das war die Vorgabe bei diesem EFH-Projekt: Maximale Autarkie: technisch sauber umgesetzt und langfristig erweiterbar.
Ausgangslage: Energetische Sanierung von Grund auf
Das Gebäude wurde vollständig modernisiert:
- neue Fußbodenheizung
- neue Wärmepumpe (Heizung + Warmwasser, SG-Ready)
- starke Dämmung
Ziel: niedrige Last, hohe Effizienz, optimale Eigenversorgung
Damit war klar: Die PV-Anlage muss als Herzstück des Systems geplant werden, nicht als Nachrüstlösung.
Die Gesamtanlage: Autarkie als Konzept
AC-Leistung gesamt: 30 kW
PV-Gesamtleistung: 31,95 kWp
Batteriespeicher gesamt: 29 kWh
Damit ist klar:
Das Haus ist zu jedem Zeitpunkt in der Lage, sich selbst zu versorgen.
Die gesamte elektrische Hausverteilung ist notstromfähig, inklusive der Wärmepumpe.
Aufgrund der Wechselrichterleistung kann das komplette Gebäude (nicht nur einzelne Stromkreise) aus Batterie oder PV gespeist werden.
1. Bauabschnitt 2024: PV aufs Satteldach
Leistung: 14,85 kWp
Wechselrichter: 15 kW
Speicher: 14,5 kWh
Module: hochwertige Full-Black Aiko-Solar-Module

Der erste Bauabschnitt deckte das Hausdach vollständig ab. Die Anlage liefert bereits genügend Energie, um die Wärmepumpe über große Teile des Jahres mit eigenem Solarstrom zu versorgen.
Optisch sauber, technisch stark und voll notstromfähig.
2. Bauabschnitt 2025: PV auf dem Flachdach-Anbau
Leistung: 17,1 kWp
Wechselrichter: 15 kW
Speicher: erneut 14,5 kWh
Modultyp: bifaziale Glas-Glas-Module

Die Besonderheit hier:
Die Module wurden aufgeständert und mit einer weißen Kiesschicht ballastiert, die gezielt als Reflektor dient.
Der Effekt: Rückseitenlicht wird aktiv genutzt, der Wirkungsgrad steigt, die Energieausbeute ist deutlich höher als bei Standardaufständerungen.
Ein Ansatz, der im EFH-Bereich selten umgesetzt wird – weil er Planung, Statik und Systemverständnis erfordert.

Intelligentes Energiemanagement
Verbaut wurde ein neoom Energiemanagementsystem, das:
- Wärmepumpe und Warmwasser smart ansteuert
- Ladezeiten optimiert
- die Batterie priorisiert
- Lastspitzen vermeidet
- Autarkiegrad massiv erhöht
Damit arbeitet die Technik nicht nebeneinander, sondern miteinander.
Zukunft: bidirektionale Wallbox
Die Anlage ist bereits so ausgelegt, dass zukünftig ein E-Auto als zusätzlicher Energiespeicher dienen kann.
Ein bidirektionales System erweitert das Konzept später um weitere 50–80 kWh – und macht das Haus praktisch netzunabhängig.
Fazit: Deutlich mehr Unabhängigkeit – realistisch, messbar und wirtschaftlich sinnvoll
Die Auswertung des ersten Betriebsjahres zeigt klar: Die bestehende PV-Anlage erreichte bereits 2024 eine Autarkie von rund 60 %.
Mit der Erweiterung auf fast 32 kWp und insgesamt 29 kWh Speicherkapazität setzt sich der Trend fort. Die ersten Messdaten 2025 bestätigen, dass das System jetzt deutlich mehr Tages- und Abendlasten allein aus Solar und Speicher decken kann.
Für das Jahr 2026 ist daher eine Autarkie von über 80 % realistisch – und die aktuellen Werte sprechen bereits dafür. Das ist ein massiver Schritt in Richtung Unabhängigkeit und zeigt, dass die zweite Ausbaustufe genau die richtige Entscheidung war.
Warum 100 % Autarkie technisch nicht erreichbar ist – und trotzdem keine Rolle spielt
Komplett autark wird ein Wohnhaus in Mitteleuropa nie sein.
Die Gründe sind simpel:
- Wintermonate mit sehr geringer Einstrahlung
- höhere Heizlast im tiefen Winter
- lange Dunkelphasen
- physikalische Grenzen beim wirtschaftlichen Speicherausbau
Aber: Das Ziel ist nicht 100 % Unabhängigkeit. Das Ziel ist maximale Wirtschaftlichkeit.
Und genau dort punktet die Anlage.
Dynamisches Energiemanagement: Wirtschaftlichkeit auch ohne Sonne
Selbst an Tagen ohne PV-Ertrag bleibt das System wirtschaftlich effizient.
Grund: Das intelligente Energiemanagement nutzt dynamische Stromtarife:
- Sinkt der Netzpreis, lädt das System automatisch den Batteriespeicher mit günstigem Strom.
- Steigen die Preise, läuft das Haus wieder aus PV- oder Batteriestrom.
- Die Wärmepumpe wird bevorzugt dann betrieben, wenn Strom günstig oder kostenlos aus der PV kommt.
Das Ergebnis:
Der Kunde profitiert sowohl von hoher Autarkie als auch von einer intelligenten Preisoptimierung. Auch ohne 100 %-Autarkie sinken die Energiekosten deutlich – und das dauerhaft.
Die Erweiterung hat die Unabhängigkeit massiv gesteigert, bestätigt die wirtschaftliche Planung und zeigt:
PV + Speicher + Wärmepumpe + dynamisches Lastmanagement sind heute der effizienteste Weg zur bezahlbaren Energieversorgung im Einfamilienhaus.
